Die kreative Freiheit des Denkens

Prinzip Hoffnung 2015. Poetry Slam: Die kreative Freiheit des Denkens

Der Meisterin der Streiche Julia Engelmann sang:

Ich bin der Meister der Streiche, wenn’s um Selbstbetrug geht. Bin ein Kleinkind vom Feinsten, wenn ich vor Aufgaben steh‘. Bin ein entschleunigtes Teilchen,…, laß mich begeistern für Leichtsinn, wenn ein anderer ihn lebt. … Ich wäre gerne klug, allein das ist ziemlich dämlich.

Stattdessen häng‘ ich planlos vor dem Smartphone, wart bloß…

Leben, das wir führen wollen, das können wir selber wählen, also lass uns doch Geschichten schreiben, die wir später gern erzählen, lass uns lange wach bleiben, auf’s höchste Hausdach der Stadt steigen, lachend und vom Takt frei die allertollsten Lieder singen, lass uns Feste wie Konfetti schmeißen, sehen wie sie zu Boden reisen und die gefallenen Feste feiern, bis die Wolken wieder lila sind, und lass uns mal an uns selber glauben, is mir egal, ob das verrückt ist, und wer genau guckt, sieht, dass Mut auch bloß ein Anagramm von Glück ist. Und wer immer wir auch waren, lass mal werden, wer wir sein wollen. Wir haben schon viel zu lang gewartet, lass mal Dopamin vergeuden. Der Sinn des Lebens ist leben, das hat schon Casper gesagt.

Schauspielerin Julia Engelmann beim 5. Bielefelder Hörsaal-Slam, Campus-TV 2013

Meine Gedanken treiben weiter, ich schreibe, setze Worte, denke, verwerfe, es denkt mich, ich bin wie gefesselt, falle in Schlaf, dämmere, schreibe weiter, neue Gedankenwelten fassen, die alten Sachen neu denken. Es entstehen neue Texte, tiefer gedacht, genauer verstanden. Position des Lesers, genau sagen, treffend, Worte wählen, Syntax gelingt.

Die Lust an lila Wolken treibt mich um. Weil sie so verhangen von Industriegasen und menschlichen Ausdünstungen sind, treibt mich Zorn, der als Gewitter über das Land ziehen will: Luft reinigen, Atem holen. Dann ist der Blick wieder frei auf die Wolken, die auch grün sein können. Auf die lege ich mich, ihren Geruch einatmend und lasse mich wegtragen. Gleite davon, wie ich es manchmal in meiner Kindheit getan hatte, als Fernsehen ein Fremdwort und Kino fern waren. Es entstehen Denkräume – Trans, jenseits, – Apert, unbestimmbar. Fruchtbar ist die Beziehung zwischen Denkräumen und wirklichen Lebensräumen. Daraus erwachsen Kinder der Freude.

Kinder erwachen in der Nacht. Kinder der Nacht bleiben sie. So sagte Cocteau einmal und erfand eine Geschichte. Ich lese sie. Bis eine Wolke wegträgt. Mich.

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