OccupyYourMind: TTIP – „Vorläufige Anwendung“ – Angriff auf das Grundgesetz

I

Der grundlegende Unterschied dieses 2. Jahrzehnts zu dem frühen 20. Jahrhundert liegt in der Unsichtbarkeit der Bedrohungen. Die Jahre 1903 bis 1914 waren durch blutige Putsche in Serbien und Griechenland und die Nachwrkungen der russisch-türkischen Kriege (Krimkrieg) gekennzeichnet.Das dauerte zwischen 1568 und 1878, und wirkt bis in die heutigen Konfliktarchitekturen.

Auf den europäischen Thronen herrschte um 1900der Begriff von Elite, in der Männer ihre Rechte und Einflussgebiete teilten. Das begann um 700 mit der Aufteilung Europas als Herrschaft von Familien-Clans.

Die Anmerkungen der Herrscher auf geheimen Papieren muten wie Anweisungen an, die eine Hausfrau für das Aufräumen der Wohnung gibt. Wilhelm II notierte beispielsweise: „Mit den Serben muss aufgeräumt werden, und zwar bald. – Jetzt oder nie.“ Die Denke in diesen Zirkeln waren nicht in der Lage, die Komplexität zu erfassen und ihre Verantwortung zu erkennen. Sie waren im Bann ihrer Mentalität gefangen.

 II

Die Finanzkrise begann nicht erst 2008. Zuvor gab es eine Reihe unverantwortlicher Kriege, die riesige Vermögen zerstört hatten. Herausragend sind die Balkankriege und der amerikanische Irakkrieg, der bis heute nachwirkt.

Zur Finanzierung und Sicherung der inneren Ordnung wurden in den USA unter anderem der Zugang zu Immobilien für die breiten Bevölkerung erleichtert. Die wachsende Verschuldung in Verbindung mit den Spekulationen auf dem Häusermarkt hebelte die Fähigkeit der US-Regierung aus, die Wirtschaft zu steuern.

Zugleich gibt es global kein Wachstum mehr, welches unbedingte Voraussetzung für die Entwicklung des Reichtums in den westlichen Ländern wäre. Zwar verkauften die amerikanischen Banken ihre Verluste an die „dummen“ Europäer – Worte eines wichtigen Bankers –, so dass die Verluste nun in Deutschland und anderen Ländern abzuschreiben waren. Gezahlt wird bis heute, auch die Griechenland-Krise zieht eine Wurzel aus diesem Gebaren.

Diese Fakten und Zusammenhänge werden im öffentlichen Diskurs verdrängt und nicht beachtet.

Nur in diesem historischem Feld ist das drängende Bestreben der Industriestaaten zu verstehen, die Freihandelsabkommen durchzusetzen.

Interim

Ein Kollege aus dem IG-Metallvorstand meinte vor einigen Monaten, dass in Logik dieser Abkommen die Konzerne gegen Südafrika hätten klagen können, da die Abschaffung der Apartheid ihnen die Möglichkeit genommen hatte, Arbeitskräfte billig in der Produktion einzusetzen. Dieser sarkastische Einwand trifft und liegt zugleich daneben.

Der Bruch demokratischer Verfassungen

Das strategische Ziel von TTIP ist der Bruch der zentraler Grundfesten der Verfassungen in Europa. Es schafft Demokratie auf grundsätzliche Weise ab, indem es Vereinbarungen enthält, die diametral unveräußerlichen Grundrechte entgegenarbeiten.

Daher ist die Gefahr aus TTIP und CETA für die Bürgerinnen der EU und der BRD gefährlicher als die Rechtsbrüche im Ukrainekrieg.

Aus den Erfahrungen der Entwicklungen nach dem Weltkrieg I und dem Nationalsozialismus regelt der Artikel 79 Absatz 3 des Grundgesetzes eindeutig: „Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“

Diese Regelung kann auch nicht mit einer zwei Drittel Mehrheit des Bundestages geändert werden.

Im Artikel 218 Absatz 5 des Vertrages zur Arbeitsweise der Europäischen Union steckt eine Formulierung, die das Grundgesetz in seinem wichtigsten Kerngedanken und Grundsatz aussetzten kann. Dort heißt es: „Der Rat erlässt auf Vorschlag des Verhandlungsführers einen Beschluss, mit dem die Unterzeichnung der Übereinkunft und gegebenenfalls deren vorläufige Anwendung vor dem Inkrafttreten genehmigt werden.“

Auf diese vorläufige Anwendung beruft sich die verantwortliche Kommissarin Malmström, wenn sie in der Wiener Tageszeitung „Der Standard“ sagt: „TTIP vor US-Wahl 2016 abschließen“.

Bereits in den vorliegenden CETA-Vertragstext wird auf den Seiten 489 und 490 formuliert:

„This Agreement shall be provisionally applied from the first day of the month following the date on which the parties have notified each other that their respective relevant procedures have been completed. […] „if the provisional application of this Agreement is terminated and it does not enter into force, a claim may be submitted […] provided no more than three (3) years have elapsed since the date of termination of the provisional application.“

Das bedeutet die Inkraftsetzung von zentralen Vereinbarungen dieser Freihandelsabkommen bevor irgend ein Parlament das Vertragswerk prüfen, debattieren und verabschieden konnte.

Mit der „vorläufigen Anwendung“ kommt eine subtile Form eines Wirtschaftsfaschismus in die Welt, dessen grausames Ende niemand kennt.

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